Jedes Jahr die gleiche Verwirrung: Kommt das Christkind und bringt die Geschenke oder reist der Weihnachtsmann mit seinem Rentierschlitten vom Nordpol aus an? Und dann ist da auch noch der Nikolaus ... Die meisten Eltern möchten ihren Kindern nicht die Illusion nehmen, dass es höhere Mächte gibt, an die man sich mit einem Wunschzettel wenden kann. Wenn also die Frage kommt, wer die Geschenke bringt, dann lautet die Antwort nicht: Mama, Papa oder die Großeltern. Die Antwort lautet vielmehr: dasChristkind. Oder, halt: der Weihnachtsmann.
Augenblick. Und wer ist dann der Nikolaus? Nein, der kommt am 6. Dezember, nicht am Heiligen Abend. Oder hilft er dem Christkind, alsWeihnachtsmannverkleidet? Andererseits betreibt der Weihnachtsmann doch am Nordpol eine eigene Fabrik für Spielzeuge, wo ihm Elfen zur Hand gehen.
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Wer also ist eigentlich dieser ominöse Mann in Rot? Und was hat es mit dem Christkind auf sich?Es ist ein langer Entwicklungsprozess, der aus einem frühchristlichenBischofeinen netten alten Opa mit Knollennase und roten Bäckchen gemacht hat, der sich durch Schornsteine zwängt, um die Kinder zu beglücken.
Der Ursprung: Nikolaus von Myra
Der Weihnachtsmann ist auf BischofNikolausvon Myra (Lykien/Türkei) zurückzuführen. Dieser wurde der Legende nach im Jahre 270 in der kleinasiatischen Stadt Patara geboren und starb am 6. Dezember 343. Möglicherweise spielt für die Legenden um den Heiligen Nikolaus auch ein zweiter Bischof namens Nikolaus von Pinara eine Rolle, der allerdings erst im 6. Jahrhundert lebte.Nikolaus von Myra war angeblich bereits mit 17 Jahren Bischof und nahm am Ersten Konzil von Nicäa im Jahre 325 teil. Allerdings gibt es dafür keine sicheren Belege - genauso wenig wie für seine Existenz überhaupt.Auf jeden Fall aber wird Nikolaus von Myra von der Ostkirche bereits seit dem sechsten Jahrhundert als Heiliger verehrt. Ihm wurde nachgesagt, er habe sich immer sehr um die Armen und besonders die Kinder gekümmert und ihnen nachts heimlich Geschenke gebracht. Bei den Christen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation wuchs seine Popularität vermutlich insbesondere im 10. Jahrhundert nach der Heirat des Kaisers Otto II. mit der byzantinischen Prinzessin Theophanu, einer Nichte des oströmischen Kaisers Johannes Tzimiskes von Konstantinopel.1087 raubten italienische Kaufleute die Gebeine des Bischofs aus seinem Grab in Myra, bevor die Stadt von muslimischen Seldschuken erobert wurde, und brachten sie nach Bari. Von dort aus breitete sich der Nikolaus-Kult in Europa weiter aus. Im Mittelalter wurde das Beschenken der Kleinen, der Armen und auch der Dienstboten am 6. Dezember ein Teil dieses Kultes - und ist es bis heute.
Luthers Erfindung: Der "Heilige Christ"
Mit Martin Luther aber wurde es kompliziert. Der große Reformator brach nicht nur mit dem Papst in Rom. Er schaffte um das Jahr 1535 für die deutschen Protestanten auch die Bescherung amNikolausabendab. Schließlich ging es da um die Verehrung eines Heiligen, der Einfluss auf das irdische Leben haben sollte - und damit hatte Luther ein Problem.
Wie dieses Christkind auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt hat sich Martin Luther den von ihm eingeführten "Heiligen Christ" wohl kaum vorgestellt. Und dass die Protestanten in Deutschland heute eher auf den ursprünglich katholischen Weihnachtsmann-Nikolaus stehen, während die Katholiken das Christkind verehren, hätte er sicher auch nicht erwartet. Stattdessen sollte nun der "Heilige Christ", also Christus - später alsChristkindverniedlicht und als kindlicher Jesus missverstanden - an Weihnachten Geschenke bringen. Anhänger fand dieser ursprünglich protestantische Brauch in Deutschland seit 1900 dann auch unter den Katholiken. Und das Christkind verwandelte sich zunehmend in ein mit Goldlöckchen ausgestattetes engelhaftes Wesen, das mit Jesus nicht mehr viel gemein zu haben scheint.
Aus zwei mach eins: Der Weihnachtsmann
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In den folgenden 30 Jahren wechselten Christkind und Nikolaus zunehmend die Seiten, sodass Kinder im überwiegend katholischen Süden und Westen schließlich Luthers Christkind den Vorzug gaben, im Osten und Norden dagegen dem Nikolaus - allerdings in seiner neuen Gestalt: demWeihnachtsmann.Das Bild des Weihnachtsmanns hat sich während des 19. Jahrhunderts entwickelt. Der ursprünglich alsBischofdargestellte Nikolaus verschmolz zunehmend mit seinen (regional verschiedenen) Begleitern und Gehilfen (zum Beispiel Knecht Ruprecht oder Krampus) und übernahm dessen Stiefel, den Sack und die Rute, behielt jedoch den Mantel und den - allerdings zunehmend abgewandelten - Bischofshut.Entstanden ist dadurch der Weihnachtsmann, auf den sich zum Beispiel August Heinrich Hoffmann von Fallersleben in seinem Lied "Morgen kommt der Weihnachtsmann" 1835 bezieht.Doch die Aufmachung, die der moderne Weihnachtsmann/Nikolaus heute trägt, lässt sich so noch nicht verstehen.Bis der Gabenbringer diese Form angenommen hat, musste der Nikolaus erst nach Amerika auswandern. Das tat er als Sinterklaas von den Niederlanden aus. In Neu-Amsterdam (heute das Gebiet um Manhattan beziehungsweise New York) entwickelte er sich zu Santa Claus - und verschmolz zunehmend mit dem Father Christmas, den die Briten mitgebracht hatten. Und die Bescherung fand nun am 25. Dezember statt.
Der ausgewanderte Sinterklaas
Während Nikolaus (oder Sinterklaas) noch als ein eher asketisch wirkender Heiliger in der Tracht eines Bischofs (Mitra, Stab, Kreuz, Chormantel, Stola) aufgetreten war, wechselte Santa Claus in denUSAals Father Christmas nun in mehr dem Winterwetter angepasste Kleidung.Eine der frühesten Beschreibungen des neuen Santa Claus, der der modernen Form des Weihnachtsmannes schon ähnelt, stammt aus einem Gedicht des New Yorkers William Gilley. Der beschrieb 1821 "Santeclaus" als ganz in Fell gekleidet und auf einem von Rentieren gezogenen Schlitten fahrend.Erheblich größeren Einfluss hatte allerdings 1822 das Gedicht "'Twas the Night before Christmas" (A Visit from St. Nicholas) von Clement C. Moore aus New York. Moore beschrieb den Nikolaus hier als rundlichen, lustigen Elfen mit rundem kleinen Bauch, ganz in Fell gekleidet, mit glitzernden Augen, rosigen Bäckchen, einer Nase wie eine Kirsche, einem langen schneeweißen Bart und einer Pfeife.Während des amerikanischen Bürgerkriegs, im Jahre 1863, zeichnete Thomas Nast, der bekannteste politische Karikaturist der USA im 19. Jahrhundert, erstmals Santa Claus für das Wochenmagazin Harper's Weekly - und legte damit gewissermaßen fest, wie derNikolausvon nun an aussehen würde.Ganz ähnlich wie von Moore beschrieben trat Father Christmas bei ihm nun auf: mollig, lustig und mit langem Rauschebart.Zunehmend verdrängte diese Figur nun alle anderen Darstellungen desWeihnachtsmannes. (Nast, ein deutscher Einwanderer, steckte übrigens auch hinter den Maskottchen der US-Parteien, dem Esel für die Demokraten und dem Elefanten für die Republikaner.)ANZEIGE
Und sogar die Santa-Farben gehen auf Nast zurück. Als der Zeichner gebeten wurde, einige seiner Werke zu kolorieren, wählte er für den Weihnachtsmann die Farben Weiß und Rot.Zuvor war er vor allem in grüne Gewänder gekleidet gewesen. Und auch andere Eigenschaften des neuen Santa Claus sind Erfindungen des Karikaturisten. So siedelte Nast ihn zum Nordpol um, wo der Weihnachtsmann nun Spielzeuge herstellt.Auch machte er den europäischen Gefährten des ehemaligenBischofs, Knecht Ruprecht, Krampus oder wie er auch heißen mag, überflüssig. Denn Santa führt seit Nast eine eigene Liste von braven und bösen Kindern, anhand derer er entscheidet, wer beschenkt wird, und wer nicht.Gerüchte besagen, der heutige Weihnachtsmann - oder zumindest seine Erscheinung - wäre eine Erfindung dese GetränkeherstellersCoca-Cola. Ganz so ist es also nicht.Als in den zwanziger Jahren Coca-Cola denWeihnachtsmannfür die Werbung einsetzen wollte, konnten die Designer des Unternehmens auf eine bereits sehr erfolgreiche Vorlage zurückgreifen.1931 setzte Coca-Cola erstmals das Motiv des Weihnachtsmannes zur Werbung ein, so wie es Nikolaus Sundblom entworfen hatte. Und zusammen mitCoca-Colaeroberte der Weihnachtsmann in seiner heute üblichen Erscheinung die Welt.